Was braucht das Sehbehindertenwesen der Zukunft?
In den nächsten 30 Jahren warten zahlreiche Herausforderungen auf die Organisationen, die im Bereich Sehbehinderung tätig sind. Mit Blick auf die alternde Gesellschaft gilt es, die Präventions- und Sensibilisierungsmassnahmen zu intensivieren sowie das Angebot im Bereich Low Vision weiter zu entwickeln und auszubauen.
Von Sonia Kunz, Leiterin Gesundheit und Pflegeheime der Fondation Asile des aveugles in Lausanne
Die Sozial-, Rehabilitations- und Low-Vision-Stelle der Augenklinik Jules-Gonin in Lausanne ist innerhalb des Waadtländer Gesundheitsnetzwerks zur spezialisierten Partnerin im Bereich Augengesundheit geworden und beteiligt sich aktiv an der vom Amt für Gesundheit des Kantons verfolgten Politik, die es den Menschen ermöglichen soll, zu Hause wohnhaft zu bleiben.
Informieren und sensibilisieren
Immer wieder ist vom «grauen Tsunami» die Rede. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Öffentlichkeit daran zu erinnern, dass der altersbedingte Sehkraftverlust kein unvermeidliches Schicksal ist. Die nationalen und regionalen Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen müssen daher in Zukunft fortgeführt und sogar noch verstärkt werden. Gleichzeitig müssen auch Fachkräfte – insbesondere diejenigen, die Menschen zu Hause betreuen – weiter sensibilisiert werden. Ebenso das «Schlüsselpersonal» in Notaufnahmen und bei den Fachstellen in Spitälern sowie die Fachleute in Alters- und Pflegeheimen.
Eine gemeinsame Vision
Idealerweise sind alle Einrichtungen für sehbehinderte Menschen oder Menschen, die von einer Sehbehinderung bedroht sind, in der Lage, Begleitmöglichkeiten sowie identische Dienstleistungen anzubieten, die an die Bedürfnisse und die Lebensphasen der jeweiligen Personen (Jugendliche, Erwachsene oder Senioren) angepasst sind. Selbst wenn der Weg in Richtung einer Harmonisierung der Praktiken auf nationaler Ebene lang ist, können auf regionaler Ebene sicherlich rascher Fortschritte erzielt werden. Vereinzelt findet auch bereits Kooperation statt. Nun müssen eine gemeinsame Vision entwickelt, Synergien geschaffen, Ressourcen gebündelt und Praktiken harmonisiert werden. Es wird auch notwendig sein, den Schulungsbedarf im Bereich Low Vision festzulegen, damit wir die Dienstleistungsqualität gewährleisten können.
Wie sieht es mit der Finanzierung aus?
Die grösste Herausforderung für unsere Organisationen liegt in der Finanzierung der Leistungen. Angesichts eines immer kostspieligeren nationalen Gesundheitssystems stellt das Risiko einer Kürzung der Bundessubventionen eine reale Gefahr dar. Daher müssen der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband, die Dachverbände sowie die kantonalen und lokalen Organisationen zusammenarbeiten, damit die im Bereich Low Vision erbrachten Leistungen durch die Kostenträger anerkannt werden. Sie müssen sich ferner gezielt an unsere politischen Institutionen und Finanzbehörden wenden, um für das aktuelle Problem der Unterfinanzierung bei nicht verrechenbaren Leistungen wie Beratung, Begleitung zu sozialen Anlässen, Sensibilisierung, Prävention und Schulung eine Lösung zu finden. Der Ball liegt bei uns.