Ohren auf den Ball gerichtet
Showdown: eine rasante, taktische Ballsportart
Von Nina Hug
Eine Tischplatte mit zwei Toren wie beim Tischkicker, Banden und runde Ecken wie beim Billard und ein Schläger und Ball ähnlich dem Tischtennis. Zwei Spieler, mit Handschutz und Dunkelbrille ausgerüstet, versuchen, den rasselnden Ball mit Geschick und Geschwindigkeit so zu spielen, dass er ins Tor des Gegners fällt. So wird Showdown gespielt. Eine in der Schweiz noch junge Sportart für blinde und sehbehinderte Menschen.
Kurt Halbheer und Marc Sommer stehen sich am Spieltisch gegenüber. Kurt Halbheer spielt an, Marc Sommer verteidigt sein Tor. Sobald der klingende Ball ins Spiel kommt, muss dieser immer in Bewegung sein, damit er vom Gegner über das Gehör lokalisiert werden kann. Mit seiner Holzkelle, bringt Kurt den Ball in die richtige Position für den ersten Schuss. „Geübte Spieler schiessen über die Bande – wenn der Ball gerade kommt ist es für den Gegner leicht, den Ball vor dem Torraum abzuwehren, auch wenn ich schnell schiesse“, erklärt er die Taktik. Dann rast der Ball über die Tischplatte. Und blitzschnell bewegt sich die Hand des Gegners vor dem Tor um ihn abzufangen. Jedes erzielte Tor wird mit zwei Punkten bewertet. Macht der Gegner einen Fehler, zum Beispiel, indem er den Ball mit dem Arm abwehrt statt mit Kelle oder Handschuh, gibt es ebenfalls einen Punkt. Ein Satz ist gewonnen, wenn 11 Punkte erreicht sind. An Turnieren geht ein Spiel über zwei oder drei Gewinnsätze.
Für ungeübte Ohren ist es schier unmöglich bei der Geschwindigkeit des Spiels den Ball akustisch zu lokalisieren. Kurt Halbheer nickt: „für sehende Menschen braucht es am Anfang viel Übung. Weil ich mich im täglichen Leben stark mit meinem Gehör orientiere, bin ich sensibilisiert und erkenne schnell aus welcher Ecke ein Geräusch kommt.“
Obwohl der Sport ursprünglich vom blinden Kanadier Joe Lewis in den 1960er Jahren erfunden wurde, um einen Sport ausüben zu können ohne auf die Hilfe von Sehenden angewiesen zu sein, wird heute von der Swiss Showdown Vereinigung der inklusive Gedanke des Spiels betont: „Bei uns sind auch Sehende Spieler willkommen. Durch die vorgeschriebene Ausrüstung, wie dem Einsatz der Dunkelbrille sind die Chancen für alle ausgeglichen“, erklärt Marc Sommer, Präsident der Swiss Showdown Vereinigung.
In die Schweiz kam die Sportart erst im Jahr 2009, als im Internationalen Blindenzentrum in Landschlacht (IBZ) zu einer Showdown Schweizermeisterschaft eingeladen wurde. In den folgenden Jahren wurden weitere Turniere, auch mit Spielern aus Deutschland organisiert. Thomas Häni, Showdown Gruppenleiter des Behinderten-Sport Club Zürich, gründete in Nänikon-Greifensee die erste Gruppe die regelmässige Trainings anbot und die aktuell in Volketswil trainiert.
Die Winterthurerin Rita Dütsch wurde im Jahr 2016 ebenfalls vom Showdown Fieber angesteckt. Seit diesem Zeitpunkt prägt und fördert sie diesen Sport in der Schweiz massgeblich mit. Sie gründete die Gruppe in Winterthur. Von hier aus entstanden weitere Gruppen in St. Gallen und Bern.
Zusätzlich sind Showdown Spieltische in Zürich-Oerlikon, im Heilpädagogischen Schul- und Beratungszentrum Sonnenberg in Baar ZG und im Blinden-Fürsorge-Verein Innerschweiz in Horw LU zu finden. An diesen Standorten kann das Spiel nach Absprache ausprobiert werden.
Die Swiss Showdown Vereinigung wurde am 26. Mai 2018 mit grossem Interesse in Olten gegründet. Das Ziel vom Dachverband ist die Förderung, Weiterentwicklung und Koordination der Aktivitäten in der Schweiz. Die Koordination beinhaltet unter anderem die Unterstützung beim Aufbau von neuen Showdown-Gruppen, die Ausbildung von Schiedsrichtern, die Durchführung von nationalen Turnieren und Meisterschaften.
Seit der Gründung des Dachverbands wird eine offizielle Schweizer Rangliste geführt. So können dieses Jahr erstmals Athletinnen und Athleten der Schweiz an den Showdown Weltmeisterschaften teilnehmen, die im Oktober in Olbia auf der Insel Sardinien stattfinden. Marc Sommer, Nummer 1 der Rangliste und Kurt Halbheer, Nummer 2 in der Schweiz, treten bei den Männern an. Rita Dütsch und Barbara Trudel, die Nummer 1 und 2 bei den Schweizer Damen und sowie Elsbeth Monsch, reisen für die Schweizer Frauen nach Sardinien.
„Ich freue mich sehr auf den Anlass“, sagt Kurt Halbheer. Nach seinen Erwartungen gefragt, antwortet er: „Ich will mein Bestes geben, nach Möglichkeit nicht Letzter werden und auch mal einen Satz gewinnen“. Bescheidenheit in der Schweizer Delegation, denn die Finnen und Polen reisen als Profis an. „Die trainieren fünf Mal in der Woche und haben einen Physiotherapeuten dabei“, erklärt er. Und Marc Sommer ergänzt: „Viele Länder fördern und bieten diesen Sport schon seit vielen Jahren an. Dieser Wissens- und Technikvorsprung ist bei einem internationalen Turnier unbestritten bemerkbar“.
Stand Juni 2019 sind bei Swiss Showdown 23 aktive Einzelmitglieder registriert, die sich auf 4 Gruppen aufteilen. Um die sportliche Konkurrenz an den Turnieren zu steigern, möchte die Showdown Vereinigung mehr Menschen in der Schweiz für die Sportart zu begeistern. Marc Sommer wirbt: „Wer taktische und rasante Ballsportarten im 1 gegen 1 Modus liebt, ist bei Showdown genau richtig. Hier entscheiden ein gutes Gehör, blitzschnelle Reflexe und Koordination sowie taktische Spielzüge“. Und Kurt Halbheer ergänzt: „ich freue mich eine Ballsportart gefunden zu haben, die ich auch dann weiterspielen kann, wenn meine Fitness im Alter nachlässt. Heute spiele ich neben Showdown auch Torball, aber da kann ich mit den Jüngeren irgendwann nicht mehr mithalten“.
Für die Gründung einer neuen Gruppe benötigt es eine Räumlichkeit von zirka 25m², um Trainingseinheiten durchzuführen. Ein Tisch, auch Platte genannt, ist 3,6 Meter lang und 1,2 Meter breit. Rund herum benötigt es genügend Platz, um an den Enden zu stehen und beim Satzende die Seiten zu wechseln. Wenn die Räumlichkeit zur Verfügung steht kann ein Spieltisch vom Dachverband ausgeliehen werden, bis der endgültige Tisch vorhanden ist. Dieser wird in der Regel durch die Gruppe in Tschechien bestellt, finanziert und kostet mit dem Transport zirka 2’700 Franken.