Sharing the knwoledge to ACT: Accessibility, Communication, Technology – unter diesem Motto stand die 17. Deafblind International Weltkonferenz. Ursprünglich von Schulen für taubblinde Kinder gegründet, zieht der Weltkongress heute über 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, von Fachpersonen über Betroffene bis Angehörige an. Tina Aeschbach und Mäde Müller waren für die Fachstelle Hörsehbehinderung und Taubblindheit des SZBLIND dabei.

Von Nina Hug

Taubblindheit und Hörsehbehinderung ist ein kleines, sehr spezifisches Gebiet. Da die Schweiz ebenfalls sehr klein ist, ist das Gebiet hierzulande sozusagen winzig. „Für uns ist es deshalb wichtig, den Blick nach aussen zu richten und auf dem aktuellen Stand zu bleiben bezüglich Entwicklungen in allen Bereichen, wie z.B. der Technik und Forschung und von dem Wissen und den Erfahrungen der anderen Länder zu profitieren“, erklärt Tina Aeschbach, Leiterin des Kompetenzzentrums für angeborene Hörsehbehinderung.

In etlichen Workshops, Plenumsvorträgen und mit Postern vermittelten die Fachkräfte, aber auch Angehörigen ein breites Wissensspektrum. Für die Arbeit des SZBLIND besonders interessant waren die Angebote zu erworbener Hörsehbehinderung. Tina Aeschbach und Mäde Müller reisten aber nicht mit leeren Händen nach Australien. Im Gepäck hatten Sie ein Poster zu Orientierung und Mobilität und einen Workshop zum Thema „In Würde Sterben“, ebenso wie Informationsmaterial des SZBLIND und die ACUSTICA Uhr .

Das Poster erlaubte Mäde Müller, Rehabilitationsfachfrau, einen regen Austausch zu Rehabilitationsthemen. Ihr Poster wirkte wie ein Magnet auf die anderen Rehabilitationsfachleute. Denn unter 400 Teilnehmern die Peers auf dem eigenen Fachgebiet zu finden, ist nicht ganz einfach. „In der Schweiz ist der Bereich Orientierung und Mobilität für hörsehbehinderte und taubblinde Menschen durch die spezialisierte Fachstelle des SZBLIND auf einem sehr hohen Standard. Mit dem Poster konnten wir unser Wissen weitergeben und uns so mit anderen O&M und weiteren Reha-Fachpersonen international vernetzen“, erklärt Mäde Müller. Wenn dann nach der Konferenz weitergehende Fragen aufkämen, könne man den Faden mit den Menschen, die man dort getroffen hat, sehr schnell wieder aufnehmen.

In der Arbeit mit Menschen mit erworbener Hörsehbehinderung und Taubblindheit wurde das Thema „in Würde Sterben“ bislang unter Fachleuten noch kaum thematisiert. Dabei birgt dieser letzte Abschnitt eines Lebens in Würde für taubblinde und hörsehbehinderte grosse Herausforderungen. Dementsprechend gross war auch das Interesse am Workshop. Etwa 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten über die spezifische Unterstützung im letzten Lebensabschnitt. Befindet sich zum Beispiel eine Person im Krankenhaus, ist es für sie sehr wichtig zu wissen, in welchem Zimmer sie sich befindet, was als nächstes mit ihr passiert oder wo das WC ist – selbst wenn dies nicht mehr alleine aufgesucht werden kann. Im Workshop konnte Mäde Müller ihre Erfahrungen weitergeben. „Die internationale Konferenz ist wie ein Bring- und Holtag. Wir haben Wissen gebracht aber auch geholt. Alle sind sehr offen ihre Erkenntnisse zu teilen. Es geht darum gemeinsam weiterzuentwickeln und nicht darum „wer hat’s erfunden?“.

Der InterpreTABLE ist ein Tisch, der eigens für die Kommunikation taubblinder Menschen hergestellt wurde, die über taktile Gebärdensprache kommunizieren.

So nahmen Mäde Müller und Tina Aeschbach auch einige konkrete Ideen für Produkte mit: ein Tisch, der spezifisch für die Kommunikation in taktiler Gebärdensprache hergestellt wurde. Dieser erleichtert Betroffenen und ihren Kommunikationspartnern durch die Polsterung und angenehme Höhe der Tischplatte sowie eine gute Sitz-Distanz die physisch meist anstrengende Kommunikationssituation. Oder ein Armband, das in Notfallsituationen verwendet werden kann und alle beteiligten Ärzte und Pflegepersonal über die Behinderung informiert. Auch neue Forschungsresultate, zum Beispiel zur Prävalenz von Hörsehbehinderung brachte Tina Aeschbach zurück in die Schweiz, wo sie bereits Eingang in die neuesten Berechnungen von Stefan Spring, Leiter Forschung des SZBLIND, zur Anzahl blinder und taubblinder Menschen in der Schweiz fanden.

SELODY Studie ist auf Kurs

Das Forschungsprojekt SELODY untersucht die Auswirkungen einer Sehbehinderung oder einer Hörsehbehinderung auf eine Paarbeziehung. Darauf aufbauend sollen Empfehlungen für alle Paare abgeleitet werden, welche diese Erfahrung heute oder in Zukunft machen. Auch die Selbsthilfe soll daraus Themen für ihre Unterstützungsarbeit gewinnen und Fachpersonen sollen auf wichtige Aspekte des Zusammenlebens und der gegenseitigen Unterstützung bei einer erworbenen Sehbehinderung im Erwachsenenalter aufmerksam werden.

Bei Redaktionsschluss hatten sich 115 Paare aus allen Landesteilen und einige aus dem nahen Ausland angemeldet und die meisten von Ihnen haben zwischen Mai und November 2019 bereits an der ersten Befragung teilgenommen. 12 Monate nach der ersten Befragung, werden alle Paare ein zweites Mal zu ihren Erfahrungen befragt. Zudem werden in der Deutsch- und in der Französischsprechenden Schweiz zwei Untergruppen gebildet, mit denen zusätzliche Interviews geführt werden um einige Fragen genauer zu untersuchen.

Mit dieser Anzahl teilnehmender Paare hat SELODY sein Ziel erreicht, eine genügend grosse Gruppe Betroffener zu interviewen. Wir danken allen die dazu beigetragen haben. Von den Paaren, die ihre Beziehung unter den Umständen einer Hörsehehinderung erleben, konnten wir nur etwa zehn erreichen. Hier hätten wir uns noch mehr Resonanz gewünscht.

Die Ergebnisse von SELODY werden auf die zweite Hälfte 2021 erwartet und danach in tactuel vorgestellt. Für Fragen wenden Sie sich an Stefan Spring, Verantwortlicher Forschung beim SZBLIND, spring@szblind.ch, Tel. 079/617 22 34.