Aus dem SZBLIND 1/2024
Inklusive Musikerlebnisse zum Jubiläum
Der SZBLIND feiert 2024 das Jubiläum von «100 Jahre Dienstleistungen für Menschen mit Hörsehbehinderung». Mit zwei inklusiven Konzerten sensibilisierte der SZBLIND die Öffentlichkeit für die Anliegen und Bedürfnisse von Menschen mit einer doppelten Sinnesbehinderung und zeigte: Inklusion ist möglich.
Von Nina Hug
Klang und Musik werden beinahe unbestritten als auditive Wahrnehmung verstanden – im Konzert bestenfalls als audiovisuelle. Doch das gilt längst nicht für alle. Rund 57’000 Menschen in der Schweiz sind von einer Hörsehbehinderung betroffen und nehmen Musik anders wahr. Die spezifischen Bedürfnisse der Betroffenen in den Bereichen Kommunikation, Orientierung und Zugang zu Information und Kultur finden im Alltag und damit auch im kulturellen Leben kaum je Beachtung. Und dies, obwohl viele von ihnen gerade von Musik eine durchaus konkrete Vorstellung haben, weil ihr Hörvermögen erst mit der Zeit – etwa durch Krankheit oder Unfall – abgenommen hat.
Eine inklusive, neue Musikerfahrung ermöglichte der SZBLIND zu seinem Jubiläum. So fanden am Samstag, 13. Januar und am Freitag, 16. Februar in der Schweiz zwei Premieren statt: erstmals hatten Menschen mit Hörsehbehinderung die Möglichkeit, bei den Musikern sitzend, die Vibrationen der Musik hautnah zu erleben. Im Publikum konnten weitere Menschen mit Hörsehbehinderung mit Ballonen in den Händen die Schwingungen der Musik taktil erfahrbar machen. Auch alle anderen Konzertbesuchenden waren eingeladen, die Musik über die Bewegungen der Ballone wahrzunehmen.
Das Orchestre de Chambre de Lausanne spielte mit Renaud Capuçon als Solist das Konzert für Violine und Orchester Nr. 5 in A-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethovens Symphonie Nr. 1 in C-Dur, Opus 21. An dem Konzert, welches auf Einladung des SZBLIND im Casino de Montbenon in Lausanne stattfand, nahmen 17 Menschen mit Hörsehbehinderung teil. Acht davon konnten auf der Bühne die Musikinstrumente berühren und deren Schwingungen wahrnehmen. Das Konzert in Lausanne war gemeinsam mit der Organisation l‘Art d‘inclure organisiert worden. Ganz besonders gefreut hat es uns, dass das Konzert die Aufmerksamkeit wichtiger Politikerinnen und Politiker und der Medien gewonnen hat. So nahmen beispielsweise der Conseiller municipal de la Ville de Lausanne David Payot, die Conseillère d‘Etat du canton de Vaud Rebecca Ruiz und Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider am Konzert teil und richteten Worte an das Publikum.
Am 16. Februar spielte das Sinfonieorchester St. Gallen unter der Leitung von Chefdirigent Modestas Pitrenas das fünfte Tonhallekonzert der Saison nicht nur, aber auch für Menschen mit Hörsehbehinderung. Unter dem Titel «Magie. Von Zauberlehrlingen und Meistern» präsentierte es mit Werken von Dukas, Ravel und Dvorák ein Programm von orchestraler Tiefe und melodischer und rhythmischer Fülle, das eine seltene Gelegenheit bot, die eigenen Wahrnehmungsgewohnheiten von Musik fundamental zu hinterfragen – und zu erweitern.
In Zusammenarbeit mit Konzert und Theater St. Gallen hatte man sich bewusst dazu entschieden, ein reguläres, besonders klanggewaltiges Tonhallekonzert für die inklusive Musikerfahrung zu öffnen. Die Entscheidung war doppelt motiviert, weil Konzert und Theater St. Gallen einerseits den Anspruch hat, ein Kulturbetrieb für alle zu sein, andererseits aus der Überzeugung, dass die Art und Weise, wie Menschen mit Hörsehbehinderung Musik rezipieren, ein grosses Potenzial hat, den Horizont des gesamten Konzertpublikums zu erweitern. Der SZBLIND stellte allen Konzertbesucherinnen und -besuchern Hilfsmitteln wie aufblasbare Ballons zur Verfügung. Diese ermöglichten, die Orchesterklänge über den Tastsinn wahrzunehmen.
Am Konzert in St. Gallen nahmen mehr als 600 Personen teil, davon 16 Menschen mit einer Hörsehbehinderung.
Vorstandswahlen im Juni 2024
Entgegen unserer Ankündigung bei der Delegiertenversammlung 2023 steht nicht nur ein Platz, sondern stehen zwei Plätze für eine Nachwahl in den Vorstand bei der DV am 22. Juni 2024 zur Verfügung. Idealerweise würde sich der Vorstand gerne mit einer Vertretung aus der Westschweiz verstärken. Wir würden uns daher freuen, wenn sich französischsprachige Personen für diese Wahl zur Verfügung stellen. Die Mitglieder des Vorstands sollten Deutsch und Französisch verstehen, können sich aber während der Vorstandssitzungen in ihrer Muttersprache ausdrücken. Eine eventuelle Sprachbarriere soll aber kein Hindernis für eine Bewerbung darstellen. Wenn nötig würde ein Dolmetscher oder eine Dolmetscherin für die Vorstandssitzungen engagiert. Die Kandidaturen für den Vorstand des SZBLIND müssen von einem ordentlichen Mitglied des SZBLIND vorgeschlagen werden.
Kandidaturen nimmt der Geschäftsleiter des SZBLIND, Pierre-Alain Uberti (uberti@szblind.ch) bis zum 31.03.2024 entgegen.