Editorial 2/2024
Liebe Leserin, lieber Leser
Die Resultate der PROVIAGE-Studie zur Zusammenarbeit von Augenärztinnen, -ärzten und Beratungsstellen des Sehbehindertenwesens sind da. tactuel erläutert die Ergebnisse und fragt nach bei den involvierten Parteien zu den Rehabilitations-Angeboten und deren Nutzung.
Vor ein paar Tagen stürzte mein Computer ab. «Mist», dachte ich, «in Kürze beginnt die Sitzung und ich muss noch die Unterlagen durchgehen, damit ich vorbereitet bin.» Doch alles Jammern, Flehen und Fluchen war nutzlos: Die Kiste machte keinen Wank. Mit anderen Worten: Mein Hilfsmittel, meine digitale Krücke, war temporär ausser Gefecht gesetzt und ich fühlte mich so richtig, richtig hilflos. «Hätte ich doch die Unterlagen auch auf mein Tablet geladen», schimpfte ich mit mir. Habe ich aber nicht gemacht – obwohl man mir das schon oft geraten hatte. Mit dieser kleinen Anekdote aus meinem Geschäftsalltag bin ich mitten im Schwerpunktthema dieser tactuel- Ausgabe gelandet: Hilfsmittel jeglicher Art erleichtern unseren Alltag. Dies gilt für Sehende genauso wie für Menschen mit Sehbeeinträchtigung.
Doch die Resultate der kürzlich abgeschlossenen PROVIAGE-Studie stimmen nachdenklich: Erstens ist die Überweisungspraxis von Betroffenen an die Beratungsstellen mangelhaft und zweitens, fast noch schlimmer: Von den überwiesenen Betroffenen haben sich nur gerade zwölf Prozent für ein Beratungsgespräch angemeldet. Viel zu wenig, finden die Herausgeber der Studie. Vivianne Visschers begleitete für den SZBLIND die Studie. Sie erläutert die Resultate für uns und macht erste Vorschläge, wie der Missstand behoben werden könnte.
Die St.Gallerin Domenica Griesser hat als Sozialarbeiterin ein Arbeitsleben lang mit Sehbeeinträchtigten zusammengearbeitet. Sie kennt die Bedürfnisse und Hemmungen der Betroffenen, sich beraten zu lassen. Seit ihrer Jugendzeit ist sie ebenfalls sehbeeinträchtigt – ob das für ihre Arbeit ein Vor- oder ein Nachteil war, verrät sie im Interview mit uns.
Ein Hilfsmittel anderer Art ist das Glasauge. Besser: die Augenprothese. Denn das Kunstauge besteht längst nicht nur aus Glas und kommt in Zukunft vielleicht gänzlich aus dem 3D-Drucker. Doch was ist besser? Ein Kunstauge aus Kunststoff, Resin oder doch aus herkömmlichen Glas? Friedrich Martin vom Schweizerischen Kunstaugen- Institut in Luzern erläutert die Unterschiede.
Der SZBLIND hat anfangs April seine Vernehmlassungsantwort zur Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) an Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider geschickt. Jan Rhyner, Leiter Interessenvertretung des SZBLIND, hat für uns die wesentlichen Kritikpunkte am Revisionsvorschlag ausgedeutscht. Kurzfazit: Hätte man Betroffene und ihre Interessenvertreter bei der Ausarbeitung des Vorschlags konsultiert, hätte man sich viel Arbeit ersparen können.
Ich wünsche Ihnen eine unterhaltsame Lektüre.
Nina Hug, Redaktion tactuel