Gruppenbild mit den Preisträgern der Auszeichnung für Zugänglichkeit von Bildungsangeboten. Der erste Preis wurde aufgeteilt zwischen den Projekten „Taktile Fokuswörter zur Unterstützen Kommunikation“ von der Hochschule für Heilpädagogik und dem Sonnenberg, Bibliothek MonaLira von Association Plein Accès und „Dinge anders sehen“ vom Schweizerischen Blindenmuseum Zollikofen. Die Preisträger halten eine Urkunde in der Hand. Im Hintergrund befinden sich weitere Personen.
Vergabe von Auszeichnungen für die Zugänglichkeit von Bildungsangeboten. / Bild: Hôpital ophtalmique Jules-Gonin

Die regelmässige Teilnahme an beruflichen Weiterbildungsmassnahmen trägt dazu bei, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten, d. h. die eigenen Kompetenzen zu pflegen und weiterzuentwickeln, um sich an Veränderungen anzupassen und einen Arbeitsplatz zu finden oder zu behalten. Dies ist ein Schlüsselfaktor, der die berufliche Eingliederung aller Menschen fördert.

Von Sonja Vuarnoz, Fachperson Bildung beim SZBLIND

Ein von Travail.Suisse, dem Dachverband der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz, erstellter Bericht zeigt, dass das aktuelle Umfeld der beruflichen Weiterbildung noch nicht inklusiv ist und dass zusätzliche Massnahmen erforderlich sind, um das Ziel der Chancengleichheit zu erreichen. Laut der Studie ist die Mehrheit der Angebote zur beruflichen Weiterbildung nicht barrierefrei, d. h. die Angebote sind für sehbehinderte und blinde Menschen nicht zugänglich.
Im Rahmen eines Symposiums über die Zugänglichkeit von Ausbildungen, das vom Centre pédagogique pour élèves handicapés de la vue (CPHV) im vergangenen November in Lausanne organisiert wurde, stellte Daphna Paz, Direktorin von Travail.Suisse Formation, die von ihrer Organisation veröffentlichten «Empfehlungen für eine barrierefreie Weiterbildung für sehbehinderte und blinde Menschen» vor.
Laut diesen Empfehlungen, die in Zusammenarbeit mit Betroffenen erarbeitet wurden, sollte besonders auf Folgendes geachtet werden:

Bewerbung des Weiterbildungsangebots
Die Website muss zugänglich sein:
− Achten Sie darauf, dass Informationen nicht nur durch Bilder und Farben vermittelt werden und verwenden Sie zusätzlich Alternativtext für Bilder.
− Überprüfen Sie, ob Ihre Texte von Bildschirmlesegeräten in Sinnzusammenhängen gelesen werden können.
− Achten Sie darauf, dass der Kontrast zwischen Text und Hintergrund ausreichend ist. − Die Grösse Ihres Textes sollte individuell einstellbar sein.
− Interaktive Elemente (z. B. Formulare, Links, Cookie-Meldungen) müssen mit der Tastatur gesteuert werden können und für Screenreader erkennbar sein.
− Weisen Sie auf Kurse hin, die den betreffenden Personen offen stehen, indem Sie sie mit einem bestimmten Bild oder Ton kennzeichnen.
− Teilen Sie mit, mit welchen Massnahmen Sie die betroffenen Personen einbeziehen wollen.

Die Vorbereitungsphase
− Bieten Sie den Interessenten ein Vorgespräch an, in dem ihnen die Massnahmen des Bildungszentrums vorgestellt werden und ihre spezifischen Bedürfnisse erfasst werden.
− Stellen Sie die Kursmaterialien vor dem Kurs zur Verfügung, damit sich die Betroffenen bereits ein Bild von der Struktur und dem Inhalt machen können.
– Klären Sie mit der betreffenden Person, ob sie auch Audioaufnahmen für den eigenen Gebrauch während des Unterrichts machen darf.
− Teilen Sie den betroffenen Personen die Zugangsdaten zu Ihrem WLAN bereits per E-Mail mit, denn für sie reicht ein einfacher Aushang im Klassenzimmer nicht aus.

Der Zugang zum Raum
Um den Betroffenen den Zugang zu den Unterrichtsräumen zu ermöglichen, empfiehlt sich folgendes:
− Die Einrichtung eines Begleitdienstes (Vereinbaren Sie im Voraus, wo die Person abgeholt werden soll).
− Die Einführung von taktil-visuellen Markierungen (Blindenleitsystem).
− Eine genaue Beschreibung der Route, in der Sie speziell auf Hindernisse hinweisen.
− Begrüssung der Person bei ihrem ersten Besuch (vor dem Gebäude, Besichtigung der Räumlichkeiten).

Der Raum
Der Seminarraum sollte bei mehrtägigen Kursen immer derselbe sein. Ausserdem :
− Architektonische Hindernisse wie Dachschrägen oder Balken sollten vermieden werden.
− Ausrüstungsgegenstände, die in den Raum ragen, müssen markiert und mit dem Signalstock oder Langstock erkennbar sein.
− Die Betroffenen sollten über eine Steckdose für ihren Laptop verfügen. Achten Sie darauf, dass die Stromkabel nicht zu Hindernissen werden, über die man stolpern kann.
− Die betroffene Person sollte an einem Ort sitzen können, an dem sie nicht geblendet wird und der Bildschirm ihres Laptops keinen Lichtreflexionen ausgesetzt ist.

Der Kurs
− Teilen Sie den anderen Teilnehmer/innen mit, wie die Zusammenarbeit mit der betroffenen Person ablaufen soll. Je nachdem, was vorher vereinbart wurde, wird sie diese Aufgabe in der Vorstellungsrunde selbst übernehmen.
− Die Kursunterlagen sollten Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung vorab in digitaler Form zugesandt werden. Andere Dokumente, die während des Kurses verteilt werden, sollten «barrierefrei» sein, d. h. in grosser Schrift geschrieben oder vorgelesen werden.
− Für die Betroffenen ist es praktisch, wenn sie ihre Notizen direkt zu den Dokumenten hinzufügen können und nicht erst ein separates Dokument dafür erstellen müssen.
− Blindenführhunde sind trainiert und stören den Unterricht nicht. Es ist jedoch hilfreich, wenn das Ausbildungszentrum von einem geeigneten Ort weiss, an dem sich der Hund während der Pause erleichtern kann. Wenn möglich, organisieren Sie während der ersten Pause eine Begleitung zu diesem Ort.
− Umgebung (Empfang, Kaffee, Toiletten): Zeigen Sie den Betroffenen bei ihrem ersten Besuch am Weiterbildungsort, wo sich der Empfang, die Toiletten, die Kaffeemaschine und der Pausenraum befinden, damit sie sich später selbstständig zurechtfinden können.

Die Prüfungen
Auch eventuelle Prüfungen sollten zugänglich sein. Achten Sie darauf, dass :
− die Aufgabenstellung lesbar ist, z. B. in digitaler Form, so dass der Text vergrössert oder vorgelesen werden kann.
− die Betroffenen die technischen Hilfsmittel nutzen können, die sie benötigen, z. B. den Laptop statt der Handschrift.
− sie die Antworten direkt unter die Fragen schreiben können und das Dokument nicht wechseln müssen.

Wenn durch die Einhaltung dieser Kriterien nicht alle behinderungsbedingte Nachteile ausgeglichen werden können, muss über eine Veränderung der Prüfungssituation (Dauer, mündlich statt schriftlich, Begleitung, Anpassung des Arbeitsplatzes) nachgedacht werden. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlich vorgeschriebenen Nachteilsausgleich und nicht um eine Vereinfachung der technischen Anforderungen der Prüfung an sich.

Die Bewertung
Die Formulare für die Kursbewertung, die der Qualitätssicherung dienen, sollten auch für blinde oder sehbehinderte Teilnehmer/innen lesbar und nutzbar sein. Fügen Sie Fragen zu den Massnahmen hinzu, die für die Betroffenen getroffen wurden.
Der Bereich Bildung und Forschung des SZBLIND stuft diese Empfehlungen als sehr nützlich ein. Wenn diese befolgt werden, sind Weiterbildungsangebote barrierefrei zugänglich. Eine Verbreitung der Empfehlungen an Organisatoren beruflicher Weiterbildungen ist wünschenswert. Die Empfehlungen sind online verfügbar unter www.travailsuisse.ch.


Prix de l’Accessibilité
Am Symposium im letzten November wurde der Preis für das zugänglichste Bildungsangebot der Schweiz an drei Preisträger vergeben: Das Projekt «Taktile Fokuswörter zur Unterstützen Kommunikation» von der HfH und dem Sonnenberg, an das Projekt «MonaLira » von Association Plein Accès und Zugang für Alle und an das Projekt «Dinge anders sehen» vom Schweizerischen Blindenmuseum.